1, 2, 3, es beginnt die Hexerei

Autor: Thomas C. Brezina
Verlag: Schneiderbuch
Umfang: 128 Seiten

Kurzinformation über das Buch

Der Kicherhexen-Club hat es nicht leicht!

Keiner nimmt die drei Mitglieder ernst. Ganz besonders nicht die kleinen frechen Brüder. Doch dann sollen Emily und ihre besten Freundinnen Cosima und Pim auf die ungewöhnlichen Tiere des alten Herrn Lisander aufpassen. Plötzlich verwandeln sich drei Kichererbsen in Kicherhexen und nervende Brüder in Mistkäfer.

Leseprobe aus »1, 2, 3, es beginnt die Hexerei - No Jungs! Kicherhexen-Club, Bd. 1«

Ein Club und eine Schwester, die für die Fische sind.

„Ich finde unseren Club doof!“, sagte Cosima. „Und ich finde dich doof!“, explodierte Emily. „Regt euch ab, Mädels“, mischte sich Pim ein. Die drei Mädchen saßen auf Emilys Hochbett. Jedes trug eine Kette aus Kichererbsen. Cosima nahm ihre Kette ab. „Der Kichererbsen-Club ist für die Fische.“ Pim kicherte. „Was soll das denn heißen?“ „Wir nennen uns die Kichererbsen, streiten aber nur!“, erklärte Cosima. Sie bürstete ihr langes dunkles Haar. „Wir machen nichts, außer hier auf dem Bett zu sitzen. Meine große Schwester Franziska sagt, so ein Club ist für die Fische.“
„Deine große Schwester ist auch für die Fische!“, schimpfte Emily und zog an ihren kurzen Zöpfen.
Pim riss ihre Kette auf und naschte eine Kichererbse. „Stimmt irgendwie.“
„Dass Franziska für die Fische ist?“, fragte Emily.
„Ja. Und dass unser Club irgendwie zu nichts gut ist.“
Emily sprang auf und stampfte energisch mit dem Fuß auf. „Ihr seid zwei Meckerziegen. Immer meckert ihr nur über den Club.“
Durch das offene Fenster tönte es aus dem Garten: „Määää! Määä! Määä!“
Die sommersprossigen Gesichter der Zwillinge tauchten auf.
„Verkriecht euch wieder in euren Löchern, Monster!“, brauste Emily auf.
„Bääää!“ Die Zwillinge streckten die Zunge heraus. Sie machten immer beide dasselbe.
Hinter ihnen erschien Frau Pfeffer. Sie packte die zwei an den Ohren.
„Aua!“, beschwerten die sich.
„Theo! Toby! Hausaufgaben machen!“, kommandierte sie. „Zack, zack!“
Die Zwillinge maulten.
„Und hopp, hopp, hopp!“, trieb Frau Pfeffer sie an. Theo und Toby zogen ab.
Frau Pfeffer beugte sich durch das Fenster in Emilys Zimmer.
„Ich habe vielleicht einen Auftrag für den Kichererbsen-Club“, sagte sie.
Emily bekam sofort große Augen.
„Der alte Herr Lisander sucht jemanden, der auf seine Tiere aufpasst. Er verreist für drei Monate.“
„Den kenne ich!“, rief Emily. „Er wohnt in einem Wohnwagen. Neben dem Kinderschreck.“
„Wer ist der ‚Kinderschreck’?“, fragte ihre Mutter.
„Herr Beck!“, antwortete Pim. „Er schimpft schon, wenn man singt.“
„Dürfen wir Herrn Lisander besuchen?“ Emily kletterte schnell vom Hochbett. Sie wollte sofort los.
„Pim und Cosima müssen jetzt nach Hause“, sagte Frau Pfeffer. „Und bei uns gibt es bald Abendessen.“
„Dann gehen wir eben morgen hin!“, meinte Pim. Auch sie kletterte herunter und zog ihre Latzhose hoch.
Cosima folgte ihr und betrachtete sich von allen Seiten in Emilys Spiegel. „Ich finde mein neues Kleid wunderhübsch!“, bewunderte sie sich selbst. Ihre Freundinnen hatten es nicht einmal bemerkt.
Die Kichererbsen verabschiedeten sich.
In der Küche bettelte Emily: „Mamina, darf ich nur ganz kurz noch zu Herrn Lisander? Sonst passt jemand anders auf seine Tiere auf. Dann ist der Kichererbsen-Club wirklich für die Fische.“
Frau Pfeffer ließ sich überreden. „Aber in einer halben Stunde bist du wieder hier.“ Das versprach Emily.
Sie kannte den Weg zum Garten von Herrn Lisander. Der Wohnwagen war nur zweimal um die Ecke, und sie musste nicht einmal eine Straße überqueren. Allerdings machten sie und ihre Freundinnen normalerweise einen großen Bogen um diese Gegend, um dem Kinderschreck nicht zu begegnen.

Nirgendwo blühten so viele bunte Blumen wie bei Herrn Lisander.
Und nirgendwo waren die Blumen so groß. Sie streckten die Blüten über den Zaun, als würden sie Emily neugierig mustern.
„Hallo, Herr Lisander!“, rief Emily am Gartentor.
„Hast du vielleicht winzige Ohren“, sagte jemand.
Emily sah sich um. Es war niemand in der Nähe. „Wieso hast du nur zwei lange Fellzotteln?“, fragte jemand. War das möglich? Die Stimme kam von unten aus dem Busch.

Hühner mit Hosen und andere tierische Überraschungen

Es raschelte zu Emilys Füßen. Ein großes weißes Kaninchen hoppelte davon. Es hatte einen Fleck auf dem Rücken, der aussah wie ein Stern. „Jo-di-ho!“, rief jemand.
Emily sah Herrn Lisander durch den Garten kommen. Er nahm einen Tropenhelm vom Kopf und schwenkte ihn. Sein langes Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden.
Bestimmt hat er mir einen Streich gespielt, dachte Emily.

Herr Lisander öffnete das hohe Gartentor. Hinter ihm tauchte der Kopf einer Ziege auf. „Zurück, Engelbert!“, befahl Herr Lisander. Emily streckte ihm die Hand hin. „Ich bin Emily. Meine Freundinnen und ich passen gerne auf Ihre Tiere auf.“
„So, so, so!“, sagte Herr Lisander. „Dann sieh sie dir erst einmal an.“
Er ließ Emily eintreten. Verstohlen musterte sie seine altmodischen Kniebundhosen und die Safarijacke mit den vielen Taschen, die alle prall vollgestopft waren.
Der Duft der vielen Blumen kitzelte Emily in der Nase. Zwischen einem kleinen und einem sehr hohen Baum stand der uralte, lange rote Wohnwagen. „Engelbert ist manchmal bockig!“, sagte Herr Lisander kichernd. Er streichelte dem Ziegenbock über den Kopf.
„Er hat ja vier Hörner!?“, wunderte sich Emily.
Herr Lisander nickte. Er bückte sich und hob das riesige Kaninchen auf. Es war bestimmt so groß wie ein kleiner Hund.
„Das ist Houdini. Er verschwindet manchmal und taucht dann ganz woanders wieder auf.“
Emily betrachtete das Kaninchen nachdenklich. Es zwinkerte ihr zu.
„Es hat gezwinkert!“, rief Emily.
„Das tut Houdini gerne“, meinte Herr Lisander und lächelte verschmitzt. Er holte eine dünne Pfeife aus der Tasche und blies hinein. Ein hoher Pfiff tönte durch den Garten.
Vier große Hühner kamen getrippelt. Es waren drei Hennen und ein Hahn.
„Das sind ja Monster-Hühner!“, rief Emily. Die Hühner reichten ihr fast bis zum Bauch. „Haben die Hosen an?“
Sie deutete auf die Federn der Hühner an den Beinen.
Der Hahn plusterte sich auf und krähte so laut, dass sich Emily die Ohren zuhalten musste.
„Das sind Ottokar und seine drei Ottolinen!“, sagte Herr Lisander nach dem Krähen.
„Er ist beleidigt, weil du sie Monster genannt hast.“
„Verzeihung!“, sagte Emily schnell. Die Hennen gackerten zufrieden. Danach führte Herr Lisander Emily hinter den Wohnwagen. Dort gab es einen Stall für die Ziege und die Hühner.
„Houdini schläft im Wohnwagen“, erklärte Herr Lisander. Er deutete auf eine lange, schmale Rampe, die zu einem Fenster hinaufführte. „Da kann er selbst hinaufhoppeln.“
Emily fiel etwas Wichtiges ein. „Woher bekommen wir Futter für die Tiere?“
Da kicherte Herr Lisander vergnügt. Er öffnete eine Holzkiste neben dem Stall. Sie war leer. Schnell schloss er den Deckel wieder. Als er ihn dann wieder hob, war die Kiste voll.

Eine sprachlose Emily und ein Kinderschreck

„Die war eben noch leer!“, platzte Emily heraus.
Herr Lisander schüttelte den Kopf. Sein langer, gekräuselter Bart wackelte heftig. „No, no, no. Da musst du dich geirrt haben.“
Er nahm einen Sack aus der Kiste und schüttete daraus Körner in eine große Schüssel. Sofort kamen Hahn und Hennen und begannen zu picken. Die Ziege bekam Heu und Obst, und für Houdini gab es Salat und Karotten.
Dann winkte Herr Lisander Emily weiter. Über eine kleine Treppe stieg er zur Eingangstür des Wohnwagens hinauf.
„Früher hat der Wohnwagen meinem Vater gehört“, erzählte Herr Lisander. „Er war beim Zirkus.“
Im Schloss der Tür steckte der Schlüssel. Herr Lisander drehte ihn zweimal und zog ihn ab.
Emily wunderte sich darüber.
„Gut, dass du gekommen bist“, sagte Herr Lisander. „Dann kann ich gleich abreisen.“
Erst jetzt bemerkte Emily die beiden alten Lederkoffer und die große grüne Reisetasche auf der Bank zwischen den Rosen.
Wieso standen die dort schon gepackt?
„Kümmert euch gut um meine Lieblinge, den Wohnwagen und den Garten“, trug ihr Herr Lisander auf. Gemeinsam gingen sie zum Gartentor. Emily trug den kleinen Koffer, Herr Lisander den großen und die Reisetasche. Ein Taxi hielt vor dem Grundstück, und ein Muskelprotz stieg aus.
„Haben Sie ein Taxi bestellt?“, fragte er brummig.
Herr Lisander kicherte nur und verstaute sein Gepäck im Kofferraum.
„Ciao-di-ho!“, rief er zum Abschied. Sprachlos blieb Emily zurück. Hinter ihr meckerte, gackerte und krähte es.
Sie drehte sich um und sah alle Tiere am Gartentor stehen.
„Morgen komme ich wieder“, versprach sie ihnen. „Mit Pim und Cosima!“
Alle Tiere sahen sie an.
Emily winkte ihnen zu. „Ich muss nach Hause. Bis morgen!“
Sie war nur drei Schritte gegangen, da hörte sie hinter sich jemand sagen: „Bring Kekse mit.“
Als sie sich umdrehte, war niemand außer ihr auf der Straße.
Am Gartentor standen noch immer die Tiere.
Emily zog sich an ihren beiden Zöpfen, als wären sie eine Lenkstange.
Bestimmt ein Junge, dachte sie. Bestimmt versteckte sich irgendwo ein Junge, der sie ärgern wollte.
„Nicht mit mir!“, rief sie. „Und wenn ich dich kriege, dann schlage ich dir Knoten in die Ohren, ist das klar?“
„Hör auf der Stelle auf, so herumzubrüllen!“, schimpfte ein Mann.
Es war der Kinderschreck. Steinerne Stufen führten hinauf zur schwarzen Eingangstür seines Hauses. Dort oben stand er, die Hände in die Seiten gestemmt.
„Hier versteckt sich ein Junge, der eine kalte Dusche braucht!“, erklärte ihm Emily.
Der Kinderschreck blickte die Straße hinauf und hinunter. „Hier ist niemand. Und in der ganzen Straße gibt es keinen Jungen. Hier wohnen überhaupt keine Kinder. Zum Glück.“
„Gute Nacht!“, sagte Emily und rannte los.
„Lass dich hier nie wieder blicken. Sonst kannst du was erleben!“, rief ihr der Kinderschreck hinterher.

Emily rannte bis nach Hause. Keuchend stürmte sie in die Küche.
„Wunderbar, du bist pünktlich“, lobte ihre Mutter. „Hände waschen, wir essen gleich.“
Nach dem Essen kramte Emily das ClubBuch unter ihrem Bett heraus. Es war in Samt eingebunden. Ihre Oma hatte es ihr geschenkt. Die Seiten waren noch fast leer. Bisher stand nur ein Wort auf der dritten Seite:

CLUBREGELN !

Sonst nichts.
Und auf die fünfte Seite hatte sie geschrieben: Emily (erstes Mitglied), Cosima (zweites Mitglied), Pim (drittes Mitglied)
Sie blätterte um.
Auf die siebte Seite schrieb sie:
großer Auftrag:

  • wir hüten die Tiere von Herrn Lisander
  • seltsame Stimme
  • Falls Junge, kriegt er Saures

 

Ein Kaninchenloch und Weihnachtsduft im Sommer

„Ist das süüüß!“ Cosima quietschte, als sie das weiße Kaninchen sah. Sie kniete sich ins Gras und lockte: „Komm zu Mami, du kleines Wollschweinchen.“
„Häää?“, tönte es durch den ganzen Garten.
Cosima sprang auf. Sie schnaufte heftig und zeigte auf das Kaninchen. „Es hat Häää gemacht!“
Emily und Pim waren hinter dem Wohnwagen und hörten sie nicht. Pim war begeistert über die Riesenhühner.
„Ich will einmal Bäuerin werden. Mit einem großen Bauernhof!“, verkündete sie.
Emily kraulte Engelbert, den Ziegenbock, zwischen den Hörnern.
„Da mach ich mit!“, erklärte sie. „Bauernhof klingt stark. Nicht wahr, alter Stinker?“ Sie versetzte dem Ziegenbock einen kleinen Knuff.
Engelbert knuffte zurück. Mit allen vier Hörnern. Der Stoß kam so überraschend für Emily, dass sie nach hinten taumelte. Sie verlor das Gleichgewicht, stolperte und
landete auf etwas Weichem. Pim bog sich vor Lachen. Als Emily aufstand, hingen Apfelschalen von ihrem Pulli herab, und Eierschalen klebten an ihren Hosenbeinen.
„Jetzt passt du gut zu ihm, Stinkerin!“, kicherte Pim.
Sie hatte leider recht. Emily war auf den Komposthaufen gefallen. Dort moderte nicht nur geschnittenes Gras. Herr Lisander hatte auch alle Küchenabfälle dort hingeworfen. Als sich Emily umdrehte, lachte Pim noch lauter.
„Du hast einen nassen Fleck auf deinem Hintern!“
Cosima kam um die Ecke. Sie ging rückwärts, weil sie Houdini, das Kaninchen, keine Sekunde aus den Augen lassen wollte.
„Schau mal Emily an!“, rief Pim.
Schnell warf Cosima einen Blick zu ihrer Freundin.
„Iiiii!“, sagte sie naserümpfend. „Ist ja peinlich, wie du aussiehst. Wie ein Baby, das in die Windeln gemacht hat.“
Emily verschränkte die Arme vor der Brust. „Ihr zwei seid schlimmer als die Zwillinge.“
Die Hühner gackerten. Es klang irgendwie seltsam.
Der Ziegenbock meckerte. Und auch das Meckern klang komisch.
Das weiße Kaninchen kam Cosima hinterhergehoppelt. Als es Emily sah, gab es Laute von sich, die höchst erstaunlich waren.
Pim zog am Träger ihrer Latzhose. „Die lachen!“, stellte sie fest.
„Das gibt es nicht“, meinte Cosima. „Tiere können nicht lachen.“ Dann fiel ihr ein, was sie vorhin gehört hatte. „Houdini hat Häää gemacht.“
Emily schüttelte die Eierschalen und Apfelschalen ab.
„Ich muss mich sauber machen. Sonst kriegt Mamina eine Krise.“ Ihr Blick fiel auf das schmale Brett, das zu dem Kaninchenloch neben dem Wohnwagenfenster hinaufführte. Es erschien ihr groß genug, um selbst hindurchzuschlüpfen.
Auf allen vieren kletterte sie den dünnen Steg hinauf.
Cosima schlug die Hand vor den Mund. „Was machst du da, Emily?“
Schon war ihre Freundin bei dem Loch angekommen. Sie steckte den Kopf hinein.
Im Wohnwagen war es nicht sehr hell. Ihre Augen mussten sich erst an das schummrige Licht gewöhnen. Es roch nach Gewürzen. Fast ein bisschen wie Weihnachten.
Sie machte die Schultern ganz schmal und schlüpfte durch die Kaninchenöffnung. Sie fand sich auf der Lehne eines alten roten Ledersofas wieder. Sie rutschte hinunter. Von der Decke baumelten rote chinesische Lampions.
„Wo ist hier der Lichtschalter?“, murmelte Emily.
Es machte Pling!, und die Lampions leuchteten.
Wer hatte das Licht eingeschaltet?
Draußen rief Cosima: „Lebst du noch, Emily?“
„Nein“, rief Emily zurück. Sie hörte Pim kichern.

Herr Lisander hatte in seinem Wohnwagen doch sicher ein kleines Bad. Irgendwo musste er sich schließlich waschen. Emily, die Zwillinge und ihre Eltern waren die letzten Ferien in einem Campingwagen herum-gefahren. Der hatte nicht nur eine Dusche, sondern sogar eine Toilette eingebaut gehabt.

Emily fand eine Holzkiste mit einer Schöpfkelle als Griff auf dem Deckel. Daneben befand sich ein tiefer Schrank. Da sie neugierig war, öffnete sie ihn. Sie war so überrascht, dass sie die Tür gleich wieder schloss. Und wieder aufmachte. Und wieder schloss. Und dann doch wieder öffnete.

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