Tödliche Liebe in Marbella
Autor: Peter Kunze
Verlag: echomedia Buchverlag
Umfang: 208 Seiten
Kurzinformation zum Buch
Er heißt Prinz. Vorname Pedro. Weil seine Eltern einen mexikanischen Rennfahrer bewunderten. Nicht gerade die Basis für eine konfliktfreie Kindheit, wenn man in einem Wiener Arbeiterbezirk aufwächst. Doch Pedro wird nicht Verbrecher, wie manche seiner Schulkollegen - sondern Polizist. Bis seine Frau fremdgeht, weil er ausgebrannt ist und zu wenig Geld verdient. Da schaut Pedro Prinz bei einem dubiosen Geschäft kurz weg, kassiert kräftig, quittiert seinen Dienst und lässt sich nach Marbella einladen. Als Privatdetektiv ermittelt er schon bald bei den Reichen und Berühmten der spanischen Nobelküste.
In Zusammenarbeit mit seinem Freund Comisario Miguel Torres und belebt von seiner schönen Freundin Conchita Martínez, die für seine sinnlichen Freuden wie Sex, Brandy und Zigarren Verständnis hat. Obwohl Pedro Prinz manchmal baden geht - als echter Wiener schwimmt er auch an der Costa del Sol obenauf ...
Leseprobe aus »Tödliche Liebe in Marbella«
6.
Ich stellte meinen schwarzen 600er außerhalb der Einfahrt zum Puerto Banús ab. Ich wollte nicht, dass sich die Porsches, Jaguars und Aston Martins auf der Flaniermeile, die man nur mit einer goldenen Karte um tausende Euro befahren durfte, von ihm gedemütigt fühlten. Mein 600er war zwar kein Mercedes, sondern ein Fiat Seicento mit Faltdach – doch er stellte die Protzkarossen locker in den Schatten. Er brauchte wenig Sprit und war wendig, ein ideales Auto für einen flinken Detektiv wie mich. Und der 600er konnte gut zuhören, wenn ich beim Fahren redete.
Mir gefiel der alte Hafen bei der Altstadt von Marbella mit den Booten der Einheimischen besser. Doch Puerto Banús faszinierte mit dekadentem Reichtum, den Millionärsyachten, den Prada- und Gucci-Labels, den Tod’s-Schuhen und der Versace-Couture an den Russen. Wer hier lässig auf weißen Regiesesseln an Bord einer Yacht saß und auf die Touristen aus Osteuropa herabblickte, wurde nicht nach seiner weißen Weste gefragt. Geld roch hier nach Gaultier und Chanel-Parfum, woher das Kapital kam, wollte niemand wissen.
Außer mir natürlich.
Ich setzte mich ins News-Café und betrachtete die hübschen Mädchen, die mit ihren Verehrern auf Shoppingtour waren, und diejenigen, die einen Verehrer suchten, der mit ihnen einkaufen ging. Ich bestellte den Cappuccino in einem Glas, schwarz mit dicker Cremehaube und einem Berg Schokosplittern. Die Vorfreude hob meinen Gemütszustand.
Als ich den ersten Schluck genoss, schnürte die Füchsin heran.
Mein Wiener Handkuss zauberte ein Strahlen in ihr lebhaftes Gesicht. Wer braucht die Platinkarte von American Express, wenn er richtig küssen kann?
„Pedro, ich komme gleich zur Sache, obwohl ich weiß, dass du mir rettungslos verfallen bist und sofort mit mir schlafen möchtest.“ Sie setzte sich.
„Mmh“, brummte ich.
„Geschäftlich weiß ich über den Baron, dass er in Deutschland vor vielen Jahren eine Pleite im Baugeschäft verursacht und Gläubiger in den Ruin gerissen hat. Er ist mit einer glimpflichen Strafe davongekommen und dürfte zuvor viel Schwarzgeld ins Ausland geschafft haben.“
„Damit gäbe es also einige Leute, die ihm gern Betonschuhe angezogen und ihn versenkt hätten.“
„Ohne Zweifel. Aber warum erst jetzt, nach vielen Jahren?“, fragte Doris.
„Vielleicht haben sie die ganze Zeit über gehofft, noch zu ihrem Geld zu kommen. Wahrscheinlich hat er sie mit Versprechen hingehalten.“
„Möglich, aber das sind Hypothesen. Tatsache ist, dass der Baron jahrelang mit Maja von Elfenthal liiert war.“
Ich stieß einen Pfiff aus. „Mit der Busenfreundin seiner Frau? Mit der sie Tee getrunken hat, als ihr Alter erschossen wurde?“
„Genau! Allerdings ist die Affäre seit längerem passé. Die Baronin hat sicher davon gewusst und sich damit eine Art Carte blanche für sich geholt.“
„Ein Sündenbabel.“
„Pedro, wo lebst du? Schönberg und seine Frau waren zwei Jahrzehnte verheiratet. In diesen Kreisen machst du keinen Skandal, wenn dein Mann Abwechslung sucht. Vor allem dann, wenn diese Abwechslung so begabt wie Maja von Elfenthal ist. Man sagt ihr außerordentlich kreative Fähigkeiten auf der Spielwiese nach.“
„Was du alles weißt, Füchsin …“
„Das ist mein Geschäft, Kleiner. Vermutlich hat Maja in der Schule statt Goethe das Kamasutra gelesen.“
„Das würde für ihre Intelligenz sprechen“, sagte ich. „In der Marbella-Society halten sie Goethe ohnehin für ein Adelslexikon.“
„Wen interessiert, ob du ungebildet bist, wenn die Kasse stimmt“, sagte die Füchsin.
„Warum hat Maja ihr Talent an einen alten Mann verschwendet? Wegen des Cashflows?“
„Was sonst? Sie soll auf Koks sein. Und das verbindet sie angeblich mit der Baronin.“ Was man alles über seine Auftraggeberin beim Cappuccino erfuhr.
„Dorothea und ihre Freundin sind großzügig beim Teilen ihrer Männer. Rassenvorurteile kann man den beiden nicht vorwerfen. Sie teilen eine Vorliebe für Schwarze mit muskulösem Körperbau. Eine meiner Freundinnen hat sich bei einer Party mal in der Tür geirrt und die beiden Damen dabei erwischt, wie sie sich einen Bimbo geteilt haben.“
„Mit Political Correctness hat deine Ausdrucksweise nichts zu tun“, sagte ich.
„Wenn du seinen Ständer gesehen hättest, wäre dir auch kein anderer Ausdruck eingefallen. Sofern du nicht vor Neid geplatzt wärst, mein Guter“, sagte Doris.
„Es kommt nicht auf die Größe an, das lernt man schon in der Schule.“
„Sagen alle, die ein wenig benachteiligt wurden. Aber lassen wir das, Pedro. Du hast mir nie Gelegenheit zur Begutachtung gegeben.“ Sie sah mich an und seufzte gespielt.
„Ich wollte dich nicht bedrängen.“
„Wie rührend“, sagte Doris. „Wenn ich dir jetzt sage, was ich noch weiß, wirst du ausflippen. Das ist eine Bombe. Magnus Schönberg hat es auch mit Männern getrieben. Er war bisexuell.“
„Aha. Er war sicher nicht der einzige doppelt gepolte Ehemann auf der Welt. Aber was hat das mit seiner Ermordung zu tun?“
„Sei nicht so begriffsstutzig. Es muss nichts damit zu tun haben, könnte es aber.“
„Wirst du es schreiben?“, fragte ich.
„Das würde ich gern, aber mein Chef ist dagegen. Er hat den Baron recht gut gekannt. Vielleicht ist er ja auch nicht ganz sauber und führt ein Doppelleben.“
„Jedenfalls nett, dass du es mir erzählt hast. Was kann ich tun, um das wiedergutzumachen?“
„Bleibe hetero, Pedro, und ruf mich an, wenn dir nach Ausschweifung zumute ist.“ Sie stand auf.
„Ich muss zur Redaktionskonferenz.“ Dann war sie weg.
Mein Magen verlangte nach Futter und ich nahm ein Sandwich mit Salami und Käse. Saftig wie die Informationen, die ich hatte. Ob der Comisario auch schon so viel wusste? Ich griff zum Handy. „Hast du eine Spur, amigo?“, fragte ich, als er in seiner Beamtenstube den Hörer abnahm.
„Ich habe gedacht, du interessierst dich neuerdings mehr für das Familienleben als für Mörderjagden?“
„Mein Interesse ist erwacht. Also, gibt es einen Verdacht? Hat Schönbergs Ehefrau etwas mit der Sache zu tun?“
„Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf. Aber wenn es so wäre, wärest du der Letzte, dem ich es erzählen würde. Du wirst es früh genug aus der Zeitung erfahren.“
„Bist du beleidigt, weil ich dir gestern bei der Ermittlung nicht länger das Händchen gehalten habe?“
„Verpiss dich“, sagte er. Den darauffolgenden Fluch verstand ich nicht, weil er dabei den Hörer auf die Gabel knallte. Selbst schuld. Wo ich ihm doch gerade erzählen wollte, dass ich im Dienste der Baronin mit im Geschäft war.
Es schien ohnehin an der Zeit, ihr meinen Eifer zu beweisen. Also wählte ich ihre Handynummer. Im Hintergrund hörte ich sanfte Musik perlen.
„Störe ich gerade bei der Schönheitskosmetik?“
„Was gibt’s?“, antwortete sie nur.
„Haben Sie die Privatadresse Ihres gefeuerten Gärtners, Baronin?“
„Ich habe nur eine Telefonnummer.“
„Besser als nichts.“
Sie gab sie mir durch und legte auf.
Gleich darauf hatte ich die Mutter des Gärtners Antonio Sánchez an der Strippe. Sie hatte eine tiefe, rauchige Stimme. Ich stellte sie mir grobschlächtig mit Damenschnurrbart vor.
„Was wollen Sie von meinem Sohn?“, fragte sie.
„Ich bin ein Freund, habe ihn längere Zeit nicht gesehen und würde ihn gerne wieder treffen“, log ich.
„Er treibt sich in einer Kneipe in der Fußgängerzone von San Pedro herum“, sagte sie etwas freundlicher. „Probieren Sie es in der Bodega de la Luna.“
Das Lokal kannte ich. Es war dunkel, gemütlich, mit einer Sammlung der unterschiedlichsten Puppen, nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Porzellan. Es wurde von Mareike und ihrer Schwester geführt, die Rotterdam vor zwei Jahren gemeinsam mit ihren Eltern verlassen hatten, um in Spanien ein Abenteuer zu wagen. Kaum hatte der Vater die Bodega gemietet und nach seinen Vorstellungen umgebaut, starb er bei einem Autounfall. Die Mutter wurde bei dem Unglück so schwer verletzt, dass sie für Jahre, vielleicht für immer, ans Bett gefesselt bleiben würde. Die Mädchen hatten mir einmal ihr Herz bei einem meiner nächtlichen Streifzüge ausgeschüttet. Irgendwie würden sie es schaffen, meinten sie. Seitdem kehrte ich bei ihnen ein, wenn ich in der Gegend war. Mit meiner Zeche wurden sie nicht reich, aber es war ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und mit gutem Gewissen wurde ich angenehmer betrunken.